Donnerstag, 21. November 2019

Sie wurde nie gefragt

Sie ist allein,
alles in ihr schreit danach, frei zu sein.
Stattdessen fristet sie den ganzen langen Tag,
obwohl sie sich bemüht, ganz besonders nett zu sein, 
einsam auf dem Schulhof, weil man sie nicht mag. 
Sie wurde nie gefragt, ob sie auch so gerne Schwimmen geht
und nie, ob sie einen Popstar kennt, auf den sie heimlich steht. 
Sie wurde nie gefragt, was ihre Lieblingsfarbe ist
und ob sie ab und zu auch jemanden vermisst.

Sie schaut zu, 
wie alles an ihr vorbei zieht,
wie in einem Film und sie steht irgendwo dabei.
Wüsst' sie nur was die Andern stört, würd' sie es ändern, 
nur um für einen Moment ein Teil von ihn' zu sein. 
Sie wurde nie gefragt, ob sie mit in die Stadt zum Shoppen geht
und ob sie von Jungs in ihrem Alter auch kein Wort versteht. 
Sie blieb ja stets allein und die Tage wurden endlos,
bis zum Schluss verstand sie nicht, warum dies so war.

Der Hof ist leer,
die Stelle an der sie stand ist nicht mehr da, 
wie wenn nichts weit'res wär', nimmt alles seinen Lauf.
Lang nichts mehr von ihr gehört,
jemand sagt, sie hätte's nicht gepackt.
Das Leben sei zu schwer und sie ginge dabei drauf. 
Sie wurde nie gefragt, was wohl ihre Träume sind,
was das Leben für das Mädchen in den Händen hält.
Sie wurde nie gefragt und jetzt müsst' es bis in den Himmel hoch, 
denn es ist zu spät für sie und diese Welt.

Dienstag, 17. September 2019

Zitate - Der Geschmack von Schmerz

"Der Ruf ist ein wertloses Gut - er entschädigt uns niemals für die Opfer, die wir bringen"
"Das tiefste Glück liegt in der Einbildungskraft"
"Alle Moralideen sind eigenmächtig und der ist ein großer Narr, der sich durch sie fesseln lässt."
"Wo der Verstand anfängt, hört der Mensch auf, Mensch zu sein."
"In Kleinigkeiten wundern wir uns nicht über die Geschmacksunterschiede, sobald es sich aber um Wollust handelt, geht der Lärm los."
"Sei verbrecherisch in der Tugend und tugendhaft im Verbrechen."
"Der Lebenskünstler und der Feinschmecker wissen, dass man ein Schwein sein muss um Trüffel zu finden."
"Lasst sie ihre Erbärmlichkeit widerkäuen, sie sind es nicht wert, dass wir ihnen die Wahrheit verkünden."
"Nicht im Genuss besteht das Glück, sondern im Zerbrechen der Schranken, die man gegen das Verlangen errichtet hat."

- Donatien Alphonse Francois de Sade -
Zitate aus: Der Geschmack von Schmerz -  Cornelia Haller

Freitag, 16. August 2019

Kater geht auf Reisen

Der kleine Kater wollte reisen,
so wie es all' die And'ren tun,
während er stets dazu neigte,
sich in der Sonne auszuruhn'.
Drum packte er seine Sachen,
schloss das Tor und zog dann fort,
währenddessen er sich dachte,
was sie meinten mit 'sie seien "dort"'.
"'Dort' war es schön gewesen",
schwärmten der Eber und das Reh;
"ein wahres Abenteuer, es gäb' so viel zu sehn'".

Der kleine Kater suchte,
bis seine Tätzchen wund,
er schimpfte und er fluchte
und begegnete dem Hund.
"Hund, du musst mir helfen!",
mietzte Kater jämmerlich.
"Ich bin auf weiter Reise,
finde 'dort' doch leider nicht."
"'Dort' ist es immer schön",
bellte Hund zur Antwort laut,
"folge mir, ich kenn' den Weg",
kaum sprach der Hund, war er auch schon fort.

So streiften Kater und der Hund
durch den halben Wald
und trafen auf den stolzen Hahn,
sein Ruf' durch Baum und Busche hallt.
Hund bellte nur, "wo finden wir 'dort'?
Wir sind auf weiter Reise."
Der Hahn meint nur "das such' ich auch!"
setzt sich auf den Hund ganz leise.

Und wer das Märchen gar schon kennt,
weiß genau, wer jetzt noch fehlt,
es ist der Esel zu dem Quartett,
er noch auf Wies' und Weide steht.
Zu viert machen sie sich los,
bis die Sonne niedrig steht,
um schließlich zu bemerken,
dass ihr Weg bis zu Katers Häuschen geht.
Kater, gefolgt von seinen Freunden,
springt glücklich in sein Haus hinein.
"Hier ist mein 'dort' am Schönsten
und mit Euch wird es stets so sein!"

Mittwoch, 5. Juni 2019

Zum Geburtstag

Als ich heute Morgen den Wecker hörte,
der mich beim Träumen unsanft störte,
wurde mir ganz plötzlich klar,
dieser Tag wird wunderbar! 


Drum' hüpfe ich aus meinem Bett,
ne' Party starten, das wär' fett!
Für wen denn lieber, wenn nicht für Dich,
plane ich es heut' ganz feierlich.


Der Tag gehört nur Dir allein
und jeder will heut' bei Dir sein,
dich bis zur Decke hochleben lassen,
mit Bier und Wein und Sekt aus Tassen.


Das mit dem "älter werden" wird ignoriert
und auf Geschenke wird wild spekuliert,
die Zeit gemeinsam wird genossen
und über Dich wird Konfetti gegossen.


Und weil es doch so schön war
planen wir sofort für's nächste Jahr!
Dann sind wir wieder alle da,
ist das nicht ganz wunderbar?

x

Freitag, 3. Mai 2019

Plan und Schicksal


Ich hab‘ gedacht, es stünde fest,
ich hab‘ gedacht, das sei der Plan,
im Leben wie ein verzerrtes Bild,
im Sturme aufgetan.

Ich hab‘ gedacht, es wäre ‚okay‘
Und okay wär gut genug.
Ein okay reiche doch aus,
doch das war alles nur Betrug.

Und dann steht er da und schaut mich an
und es dreht sich meine ganze Welt.
Alles was grau war, wird jetzt bunt,
dank dem, der die Farben hält.

Und plötzlich macht alles einen Sinn,
hat sich gefügt, von ganz allein.
Alles was grau war, wird jetzt bunt,
das war nicht geplant, aber soll so sein.

Ich hab‘ gedacht, ich wüsste wie
und ich hätte alles in der Hand.
Und mich werfe gar nichts aus der Bahn,
bis er plötzlich vor mir stand.

Hin und weg von seinem Lächeln,
verfiele ich in Schwärmerei,
überwürfe ich alle meine Pläne,
vernichte sie und mach mich frei.

Und dann steht er da und schaut mich an
und mir wird plötzlich alles klar,
als ich noch suchte und nicht wusste,
war er schon lange da.

Ich hab‘ geplant und bin gescheitert,
denn ihn habe ich nicht bedacht,
so ist wohl dieses Leben,
das was Schicksal mit uns macht.

Donnerstag, 2. Mai 2019

Still in New York


Heutzutage ist alles glanzreich und wunderbar.
Es geht uns schon verdammt sehr gut doch die Menschen wollen mehr.
Der Luxus ist unendlich und dafür wird alles getan,
ob es das Haus betrifft, den Pool, das Meer oder auf das dritte Auto sparn‘.
Denn heute ist alles glanzreich und wunderbar.
Und wenn wir nur genug Zeug kaufen, dann sind wir nicht mehr leer.
Konsum hat obendrein die höchste Priorität
und wenn wir erst den Kopf klarkriegen, ist’s sicher schon zu spät.
Denn all der Reichtum, all das Geld, damit drehen wir uns im Kreis
und wenn wir nicht mehr können, stirbt ein Teil von uns ganz leis.

Und dann wird’s still, still in New York
und still an jedem anderen so verbrannten Ort.
Ja dann wird’s still, still in New York
und die Menschen kommen klar, mit dem was damals war.

Wir sind so im Gesamtbild gleich individuell,
mal eben was Besondres‘ werden geht ja ziemlich schnell.
Doch im Schatten ist es leer
wie wenn außer Trug und Schein sonst nichts andres‘ wär.
Uns liegt das Schicksal in der Hand, doch wir tauschen es lieber ein.
Wollen statt Schöpfer unsrer‘ Zukunft lieber Influencer sein.
Verlieben uns in den Menschen, der viel zu bieten hat,
bleiben gefühlstechnisch stets hungrig, aber an Luxus sind wir satt.
Denn all der Reichtum, all das Geld, damit drehen wir uns im Kreis
und wenn wir nicht mehr können, stirbt ein Teil von uns ganz leis.

Und dann wird’s still, still in New York
und still an jedem anderen so verbrannten Ort.
Ja dann wird’s still, still in New York
und die Menschen kommen klar, mit dem was damals war.

Erst wenn alles verbrannt um neu zu gedeihn‘,
werden wir uns am Ende einander verzeihn‘?
Erst wenn alles verbrannt und auf Neustart gestellt,
im Herzen gehofft, folgt eine bessere Welt.

Das sterbende Kind '19

Es schreit „Hilfe“, aber niemand hilft.
Es schreit „Du da!“, aber niemand ist ‚du da‘.
Es schreit „Notfall“, aber nicht in ihren Augen.
Es schreit „Sterbe!“.

Und abends auf dem Sofa, die Alten und die Jungen starren entsetzt auf den Fernseher. 
Die Frau in rosaroter Bluse erzählt von einem Mädchen, unserm‘ Mädchen. 
Es starb auf der Straße unter tausenden von Menschen, die hätten helfen können. 
Aber was wichtig war musste man erledigen, denn was du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen und weil heute noch was ansteht, sonst wird es zu spät. 

Und da war der Eintopf für den Mittag vielleicht wichtiger als das sterbende Kind. 
Denn es war viel zu tun, zu viel zu tun und Zeit ist Geld, ja Zeit ist Geld. Zeit ist Geld … und weil Zeit Geld ist will jeder alles noch heute besorgen, denn was du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen, weil Zeit Geld ist und Geld Zeit ist und alles nur für Große sinnvoll ist und richtig!
Und das sterbende Kind, es liegt auf der Straße, ganz allein und es schreit sich die Seele aus dem Leib, aber doch nicht über Zeit und Geld und über was du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen.

Die Leute sagen: Kinder schreien immer – wie nervig! Tag und Nacht.
Aber… hast du die Wunden nicht gesehen? Hast du die Verzweiflung nicht gesehen? Hast du die Angst nicht gesehen?
Papperlapapp! 

Und da war das kaputte Fenster vielleicht wichtiger als das sterbende Kind. 
Und die, die nichts hören wollen, stellen vielleicht den Fernseher lauter, denn ihre Probleme sind eh viel wichtiger. 
Die Frau, die sich geschnitten hat und der Sohn mit der Note drei in Deutsch. Aber wahrscheinlich sind der Schnitt und die Note wichtiger als das sterbende Kind.
„Ist nicht unser Kind, soll es machen, zu was es bestimmt.“ 
Aber da ist keine Bestimmung. Da ist keine Zukunft.

Denn mit ‚was du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen‘ und ‚Zeit ist Geld, Geld ist Zeit‘ kann sie nichts mehr anfangen. 
Und weil die Menschen ihre Zeit zu Geld gemacht haben und weil sie das, was sie besorgen mussten, nicht auf morgen verschoben, essen sie jetzt vom Feinsten. 
Und weil das Kind nur geliebt werden wollte, liegt es im Dreck. 

Das sterbende Kind, das sterbende Kind.

Ihr Vater macht es ebenso und damit geht’s ihm gut. 
Doch seine Tochter liegt auf der Straße, sie liegt dort in ihrem Blut. 
Und während es dämmert und sie sieht die Sonne untergehen, sie gibt ihm noch eine Sache zu verstehen. Als Vater versagt, die Mutter war weg und das einz’ge Kind, es auf der Straße verreckt. Doch da war der Kunde im Laden vielleicht wichtiger als das sterbende Kind. 
Und der Eintopf und das Fenster und die Noten und der Schnitt. 

Eine Umarmung oder ein Kuss? Das ist zu viel verlangt. 
Denn da waren der Eintopf, das Fenster, die Noten und der Schnitt vielleicht wichtiger als das sterbende Kind. 

Es schreit „Liebe mich“, aber er kann es nicht.
Es schreit „Vater“, aber er hört sie nicht.
Es schreit „Mama“, aber es ist nur ein fremdes Wort.
Welche der Frauen soll das schon sein? Die Hebamme, die die es austrägt oder die Erzieherin? 

Und da war die Suche nach der Bedeutung vielleicht wichtiger als das sterbende Kind. 
Und deswegen erliegt das sterbende Kind – auf der Suche nach ein wenig Liebe!